Wissenschaftler im Wald: Die Gesetze der Natur liefern Prof. Dr. Lothar Harzheim, der bei Opel die Bereiche Optimierung und Robustes Design verantwortet, Vorlagen für mechanische Lösungen.

Bäume mögen’s entspannt

Was haben Lotusblumen mit Wandfarben zu tun? Mehr als der erste Eindruck vermuten lässt. Lotusblätter machen dank winziger Wachsspitzen auf sich aufmerksam: An ihnen perlt Wasser ab, nimmt dabei Schmutzpartikel mit. Der Lotus-Effekt dient als Ideengeber für eigenständige Entwicklungen in der Industrie – bei selbstreinigenden Wandfarben, aber auch bei Glas und Ziegeln.

 

PROBLEM KERBSPANNUNG
Das Beispiel veranschaulicht die Funktionsweise der Bionik, der Begriff leitet sich von Biologie und Technik ab. Bionisch vorgehen heißt laut Prof. Dr. Lothar Harzheim: „Prinzipien aus der Natur entschlüsseln und sie in technischen Verfahren oder Konstruktionen umsetzen.“ Das gilt auch für Leichtbauprojekte im Entwicklungszentrum von Opel / Vauxhall. Harzheim ist dort für das Thema Optimierung verantwortlich. Bionik ist neben den mathematischen Verfahren einer der Ansätze, die der Physiker und seine Kollegen im Alltag anwenden. „Wir wollen Bauteile konstruieren, die halten, aber auch leicht sind.“

Eine große Herausforderung ist, die ideale Form für die einzelnen Komponenten im Chassis zu definieren. Denn ob Achsschenkel oder Differential­käfig, während einer Fahrt werden die Bauteile besonders stark belastet. Damit stehen die Optimierer vor der Aufgabe, eines der größten Probleme in der angewandten Mechanik zu lösen: die Kerbspannung.

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Wir haben uns gefragt:
Wie ist es möglich, dass Äste, an denen
Wind und Schneelasten zerren,
unter normalen Bedingungen nicht brechen?

 

RISSE IM WERKSTÜCK
Kerbspannungen treten bei mechanischen Bauteilen an Kerben auf, also etwa scharfen Rillen oder Löchern; sie können bewirken, dass die Teile erst reißen, dann brechen. Harzheims Arbeitsziel lautet deshalb: lokale Kerbspannungen abbauen. Wie das geht, zeigt die Natur. Zum Beispiel an den Ausformungen von Kerben an Bäumen und Knochen. „Für sie hat sich in Jahrmillionen der Evolution eine Regel herausgebildet, die sie in eine Optimalform ohne gefährliche Spannungsspitzen wachsen lässt“, so Harzheim. „Wir haben uns gefragt: Wie ist es möglich, dass Äste, an denen Wind und Schneelasten zerren, unter Normalbedingungen nicht brechen?“

Die Antwort: Für biologische Kraftträger wie Bäume ist Kerbspannung tabu, sie verteilen mechanische Spannungen auf ihrer Oberfläche gleich­mäßig. Ihr Wachstumssystem folgt dem Prinzip: Lagere Material an überbelasteten Stellen an, entferne Material an unterbelasteten Stellen. Diese Regel hat Harzheim analysiert und in eine Software eingebettet, die sogenannte CAO-Methode (Computer Aided Optimization). Mit CAO entwickeln sich neue Bauteile im Rechner virtuell gemäß der Wachstums­regel – schrittweise, sozusagen Jahresring um Jahresring. „So minimieren wir die Spannung drastisch, müssen die Bauteile weniger massiv gestalten und können dadurch Gewicht einsparen“, sagt Harzheim.

Die Entwürfe des Forschers kommen in der Praxis erfolgreich zum Einsatz. „Im aktuellen Astra Fünf­türer haben wir an der Schließblech-Ersatzradmulde die Kerbspannung um 37 Prozent reduzieren können“, so Harzheim. Bei Metallbauteilen gilt als Faustregel, dass schon zehn Prozent weniger Kerbspannung die Lebensdauer einer Komponente verdoppeln.

Die Wachstumsregel hilft, Oberflächen von Bauteilen zu optimieren, aber auch ihre Innenbereiche. Statt mit CAO arbeiten Rechner dann mit SKO-Software (Soft Kill Option). SKO eignet sich für die Optimierung von Gussteilen, etwa für Motorhalter, bei denen das Innere von überflüssigem Material befreit wird und so ein passender Designvorschlag entsteht. Das Vorbild für diesen Verbesserungsansatz sind Knochen, die nicht nur Material anlagern, sondern es an dauerhaft unbelasteten Stellen mithilfe von Fresszellen auch abbauen.

 

Prof. Dr. Lothar Harzheim
Prof. Dr. Lothar Harzheim Jahrgang 1956, ist promovierter Kernphysiker.

1992 stieg der Bad Godesberger als Berechnungs­ingenieur bei Opel ein. Aktuell verantwortet er die Bereiche Optimierung und Robustes Design. Dabei betreut er alle Aktivitäten rund um die Optimierung mechanischer Bauteile. Neben Bionik-Programmen gehören zu seinem Aufgabengebiet unter anderem die Segmente Wandstärken, Sicken und Multidisziplinäre Optimierung.

Im Joballtag bewegt sich der Wissenschaftler in höheren Gefilden der Mathematik, wendet dabei unterschiedlichste Optimierungsmethoden wie etwa das Gradientenverfahren an.

 

 

 

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Formoptimierung

 

Natur als Vorbild

 

Baumgabel in der Natur

Baumgabel in der Natur

Beispiel eines nicht optimierten Bauteils: Wie die rot markierten Stellen zeigen, sorgt die Kreisbogen-Form für lokal hohe Spannungsspitzen.

Beispiel eines nicht optimierten Bauteils: Wie die rot markierten Stellen zeigen, sorgt die Kreisbogen-Form für lokal hohe Spannungsspitzen.

Beispiel eines computerunterstützt optimierten Bauteils: Die Baumgabel-Form führt zu einer homogenen Beanspruchung an der Oberfläche.

Beispiel eines computerunterstützt optimierten Bauteils: Die Baumgabel-Form führt zu einer homogenen Beanspruchung an der Oberfläche.

Beispiel Differentialkäfig

 

Schwingbruchkritische Stelle

Die roten Flächen markieren schwingbruchkritische Stellen.

Schwingbruchkritische Stelle

Diese schwingbruchkritische Stelle wurde auf Grundlage der Wachstumsregel umgestaltet.

Gemäß der Wachstumsregel lässt sich eine Spannungs-Reduktion um 28 Prozent erreichen

Das Ergebnis ist eine um 28 Prozent reduzierte Spannung.