Eine abgeschirmte Zelle, Kabel kommen aus der Decke. Ein Mitarbeiter beugt sich über das geöffnete Gehäuse auf dem Hubtisch, schließt Verbindungen an. „Das hier ist unsere Hightech-Klinik für Batterien“, sagt Markus Grassmuck, Leiter des Rüsselsheimer Battery Refurbishment Centers (BRC). Hier wird nicht operiert – hier wird repariert. Was genau defekt ist, zeigt die eingehende Analyse – Zellschaden, Elektronikproblem oder Softwarefehler. Ziel ist es, die Lithium-Ionen-Batterie instand zu setzen, wieder nutzbar zu machen. Mitten auf dem Werksgelände, modernste Technik auf 1.000 Quadratmetern.
In dem Center – es gehört zu Opel Special Vehicles – werden defekte Batterien aller Stellantis-Marken geöffnet, geprüft, repariert und wieder versiegelt. In einem eingespielten Prozess. Angefangen hat alles 2011: zwei Mitarbeiter, ein Akkutyp, ein Modell – der Opel Ampera. Heute betreut Grassmucks Team Batterien einer wachsenden elektrischen Flotte: von Opel, über Peugeot bis hin zu Fiat, DS oder Jeep. Aus ganz Europa landen die Energiespeicher hier – per Spedition aus dem Zentrallager im französischen Vesoul.
„Diagnose, Reparatur, Testzyklen, aktuelle Software – wir sorgen dafür, dass Batterien ein zweites Leben bekommen.“
– Markus Grassmuck –





Ein Ausfall einer Batterie? Kommt nur sehr selten vor. Und falls doch, gibt es in Rüsselsheim ein Team, das Fehler findet und behebt. „Selbst wer auf den Faröer-Inseln wohnt, bekommt sein E-Auto flott repariert“, sagt Grassmuck. Der Weg ist klar definiert: Die Werkstatt meldet einen Fehler. Die Batterie geht raus, eine gleichwertige kommt rein – oft sogar mit besserem Zustand als die alte. Das defekte Exemplar wird nach Rüsselsheim geschickt, dort wiederhergestellt und geht dann zurück nach Vesoul – bereit für den nächsten Einsatz. Ein Kreislauf, der funktioniert. Weil er präzise organisiert ist. Und weil im M55 Spezialisten arbeiten, alle mit Hochvolt-Level-5-Ausbildung – dem höchsten Sicherheitsstandard für Arbeiten an geöffneten Batterien.
Der eigentliche Fehler, sagt Grassmuck, versteckt sich meist gut. Fehlercodes aus der Werkstatt, aber auch die eigenen Messwerte sind oft nur Hinweise – Symptome, keine Diagnosen. „Wir machen uns ein detailliertes Bild“, erklärt er. Viel Erfahrung sei gefragt. Es wird geöffnet, geprüft, geforscht: Sind es die Module? Die Steuergeräte? Ein Haarriss? Eine durchgebrannte Sicherung? Oder einfach nur eine Zelle, die schwächer ist als der Rest? Muss ein aus mehreren Zellen bestehendes Modul getauscht werden, geht es in den „Weinkeller“ – so nennen sie hier das Lager. Hier werden Module unterschiedlicher „Reifegrade“ aufbewahrt. Denn eine Batterie ist ein sensibles System. Neue Module müssen zum Ladezustand und zur Kapazität der alten passen.
„Selbst wer auf den Faröer-Inseln wohnt, bekommt sein E-Auto flott repariert – dank des eingespielten Kreislaufs.“
– Markus Grassmuck –

Garantierte Leistung
Opel gewährt auf die Batterien seiner elektrischen Modelle – wie alle Stellantis-Marken – eine Garantie von 8 Jahren oder 160.000 km, je nachdem, was zuerst eintritt. Diese Garantie gilt für mindestens 70 Prozent der ursprünglichen Ladekapazität der Batterie. Der Rüsselsheimer Hersteller bietet auch eine kostenlose Batteriekapazitätsprüfung im Rahmen der regelmäßigen Wartung an. Ein Batteriekapazitätszertifikat, das die Batterieladekapazität des Fahrzeugs bestätigt, erleichtert den Weiterverkauf.
Dabei sind moderne Hochvolt-Batterien deutlich langlebiger als einst angenommen – ein Resultat moderner Batteriemanagementsysteme. Sie schützen die Akkus vor Überhitzung, Tiefentladung und anderen schädlichen Einflüssen. Die Praxiserfahrung im BRC zeigt: „Auch nach mehreren hunderttausend Kilometern verfügen Batterien im Schnitt noch über einen Großteil ihrer ursprünglichen Kapazität“, sagt Grassmuck. Rund 20 Prozent der Kapazitäten in Halle M55 entfallen derzeit auf Batterien, die vor Ort repariert und anschließend direkt an die Kunden zurückgehen. Die Fahrzeuge treffen dafür vollständig ein – aus Werkstätten im Umkreis von bis zu 300 Kilometern.
Nachhaltige Batterielogistik
Der Großteil der Arbeit betrifft jedoch die Austauschprozesse, also jene ausgebauten Batterien, die über das Zentrallager in Vesoul verschickt werden. Noch. Das perspektivische Ziel ist, näher an den Werkstätten zu reparieren – mit dezentralen Repaircentern in ganz Europa. Heute gibt es davon 20. Es sollen mehr werden, die Elektromobilitätsoffensive läuft. Mittlerweile hat Stellantis in Turin ein zweites Battery Refurbishment Center eröffnet. Süd-Batterien dahin, Nord-Batterien nach Hessen – logistisch effizient und umweltbewusst.
Auch ein Modul, das nicht mehr fahrzeugtauglich ist, aber noch genug Energie liefert, bekommt eine neue Aufgabe. Zum Beispiel als stationärer Speicher. Der Rundgang durch die Batterie-Klinik zeigt, wie viel Hightech, Know-how und Herzblut in dem Herzstück der Elektromobilität steckt, das keine Blackbox ist – sondern reparabel. Fast immer. Am Ende verlässt eine reparierte Batterie in einer Holzkiste die Halle. Versiegelt, getestet, vollgeladen – bereit für ihr zweites Leben.
August 2025