Der Letzte seiner Art

Über vier Jahrzehnte war Bernd Franta fürs Bayerische Rote Kreuz (BRK) als Rettungssanitäter unterwegs. Eine unglaublich intensive Zeit mit Erlebnissen, die sich tief ins Gedächtnis eingebrannt haben. Aber auch einem tiefen Gefühl der Zusammengehörigkeit. Zum Roten Kreuz und seinen vielen Helfern, mit denen er gemeinsam um unzählige Menschenleben gerungen hat. Oft entschieden nur Sekunden über Leben und Tod. Dabei mussten sich die Teams auch auf ihre Fahrzeuge und deren Bord-Equipment hundertprozentig verlassen können.

Zu manchem entstand ein besonderes Verhältnis. Und zu einem ein ganz besonders inniges. Der Nürnberger erinnert sich: „Ich saß hinterm Steuer eines Opel Blitz der vierten Generation. Es war ein für unsere Zwecke ideales Auto. Innen geräumig, so dass es sich gut drin arbeiten ließ, aber auch mit hervorragenden Fahreigenschaften.“ Er erinnert sich an jedes Detail, als wäre er gestern erst ausgestiegen: „Elfenbeinfarben, wassergekühlter Sechs-Zylinder-Reihenmotor, auf 80 PS gedrosselt. Beleuchtetes Rotkreuzemblem über der Windschutzscheibe, an den Seiten unser Notruf 555777. Wir hatten vier Opel Blitz im Einsatz.“

„Ein für unsere Zwecke ideales Auto. Innen geräumig, aber auch mit hervorragenden Fahreigenschaften.“

Zwischen 1971 und 1980 waren beim BRK in Nürnberg vier Opel Blitz Rettungswagen im Einsatz.
Weitere drei Opel Blitz RTW mit langem Radstand wurden von weiteren Hilfsorganisationen eingesetzt.
Die Sanitäter schätzten das Modell wegen des geräumigen Patientenraumes.
Und ebenso wegen der Motorleistung des wassergekühlten 6-Zylinder Reihenmotors.
Besonders nach Einführung des Notarztdienstes 1974 waren die RTW unermüdlich im Einsatz.

Ab 1974 arbeitete der gelernte Fernmeldehandwerker hauptamtlich fürs BRK Nürnberg. Die Verkehrssicherheit auf den Straßen war eine andere als heute. Es kam zu ungleich schweren Autounfällen, die den schnellen Einsatz der Lebensretter erforderlich machten. Und Bernd Franta zählte dabei auf seinen Opel Blitz. „Jedem Fahrer war ein Fahrzeug fest zugeordnet. Die Wartungsarbeiten erledigte unser Werkstattteam, aber ich war für den Pflegezustand verantwortlich.“ In den Jahrzehnten fuhr er noch einige andere Rettungswagen, aber keinem anderen fühlte er sich so sehr verbunden wie dem Opel Blitz.

Bis 2015 war Bernd Franta fürs BRK hauptamtlich aktiv, seit 2001 arbeitet er ehrenamtlich im Nürnberger Rotkreuz-Museum. 1984 aus der Privatsammlung des ehrenamtlichen Kolonnenführers Gerhard Gebuhr entstanden, zählt die Einrichtung mit ihren 500 Quadratmetern Ausstellungsfläche in sieben Themenräumen heute deutschlandweit zu den größten ihrer Art. Zur Fahrzeugsammlung gehören unter anderem eine Sanitätskutsche von 1918, ein DKW-Schnelllaster von 1955 und ein Opel Rekord C-Krankenwagen aus den Siebzigern.

Das alte Vertrauen in die Marke war sofort wieder da: Bernd Franta klemmte sich hinters Steuer und spulte die 500 Kilometer ab.

2006 stieß Bernd Franta auf das Angebot eines Sammlers und zögerte nicht lange: Er finanzierte den Kauf des Opel Blitz aus eigener Tasche.

Was Bernd Franta von Anfang an in der Sammlung vermisste: Einen Opel Blitz von damals. 2006 stieß er auf ein Angebot des Sammlers Uwe Schildkamp aus Münster. Der bot einen Opel Blitz Rettungswagen (RTW) zum Kauf an. Datum der ersten Indienststellung: 1974. Da das ehrenamtlich geführte Museum kaum über eigene Mittel für solche Anschaffungen verfügt, finanzierte der Vollblut-BRK’ler den Kauf aus eigener Tasche, unterstützt von einigen befreundeten Mitstreitern.

Franta fuhr nach Münster und machte den Deal klar. Der Blitz war nur in mäßig gutem Zustand, doch der neue Besitzer war entzückt: „Es ist ein absolut baugleiches Modell meines Opel Blitz.“ Und sofort war auch das alte Vertrauen in die Marke wieder da. Bernd Franta klemmte sich hinters Steuer und spulte die 500 Kilometer zwischen Münster und Nürnberg ab – wie in guten, alten Zeiten.

Im kommenden Jahr ist es 50 Jahre her, dass Bernd Franta seinen Dienst beim BRK Nürnberg in einem Opel Blitz Rettungswagen angetreten hat. Das Rotkreuz-Museum sucht Unterstützer, den Rettungswagen wieder aufzubauen und im alten Glanz erstrahlen zu lassen.  

2018 übergab er seine Erwerbung offiziell ans Rotkreuz-Museum. Dort läuft nun seit einiger Zeit ein Restaurierungsprojekt, das neben Franta von seinem ehrenamtlichen Kollegen Markus Jessberger mit vorangetrieben wird. Es gestaltet sich äußerst aufwendig, da nicht nur der Zahn der Zeit an dem Modell genagt hat. 1974 für den DRK Kreisverband Dieburg in Dienst gestellt, war es 1985 nochmals umgebaut worden, zum Vier-Tragen-Krankenwagen für den Katastrophenschutz. Die Rotkreuzhelfer aber wollen den RTW in seinen Originalzustand zurückversetzen.

Erste Arbeiten sind bereits erfolgreich bewältigt, dank der guten Vernetzung der Museumshüter mit Spezialisten, die für Fahrzeugklassiker die gleiche nostalgische Leidenschaft aufbringen wie sie selbst. Doch es gibt immer noch viel zu tun. „Allein für eine neue Lackierung dürften rund 20.000 Euro fällig werden“, schätzt Markus Jessberger. Außerdem fehlen noch einige Anbauteile. Ideen, wo sie diese herbekommen, haben die Museumsleute einige – „doch für Tipps von fachkundigen Opel-Fans sind wir immer dankbar.“ Lieber noch wären ihnen Geldspenden.

Zum 50. Jahr seiner Indienststellung soll sich der Opel Blitz Rettungswagen in einem Top-Zustand präsentieren.

Einige Arbeiten sind bereits erledigt: Der Oldtimer-Restaurator René Stolze in Neusitz hat die Blech- und Karosseriearbeiten vorgenommen.  
Bernd Franta freut sich darauf, im kommenden Jahr den dann hoffentlich fertig restaurierten Opel Blitz zu Feierlichkeiten zu fahren.
Spezialwissen ist gefragt: Die Martin-Sondersignalanlage wurde bereits von Wolfgang Sütterlin in Schliengen generalüberholt.
Der Ausbauspezialist Robert Lohr aus Leutkirch stellte etliche Teile zur Wiederherstellung des Fahrzeuges zur Verfügung.
Der Zuverlässige: Dieser Opel Blitz der vierten Generation wurde bei Voll in Würzburg zum Rettungswagen umgebaut und 1974 erstmals zugelassen.

Und die Zeit läuft. 2024 stehen einige Geburtstage bevor, die das Rotkreuz-Museum gerne mit einem bis dahin toprestaurierten Opel Blitz RTW feiern möchte. Das Museum selbst wird 40 Jahre alt, der Opel Blitz begeht das 50. Jahr seiner Indienststellung als Rettungswagen, und der BRK-Notarztdienst wird ebenfalls 50 Jahre alt. „Wir freuen uns über jede Spende, die dabei hilft, das geschichtsträchtige Fahrzeug wieder im alten Glanz zum Rollen zu bringen“, sagt Museumsleiter Günther Herold. Zu Feierlichkeiten soll der Blitz auf eigener Achse vorfahren. Wer dann am Steuer sitzen wird? Die Frage wird ja wohl niemand ernsthaft stellen.

Spender gesucht

An folgenden Teilen wären die Museumshelfer interessiert. Oder an Tipps, wo diese eventuell zu bekommen wären.

  • eine neue Frontscheibe
  • alle Tür- und Dichtungsgummis
  • Gummiboden im Fahrerhaus
  • Gummiteile im Motorraum, wie Schläuche und Kabel
  • einen kompletten Satz Reifen
  • Außenspiegel, kleine Ausführung li/re
  • etliche Kleinteile

Kontaktdaten
Rotkreuz-Museum Nürnberg
Markus M. Jessberger
Veranstaltungen und Projekte

http://www.rotkreuz-museum-nuernberg.de

mailto:markus.jessberger@kvnuernberg-stadt.brk.de

Spendenkonto
Empfänger: BRK KV Nürnberg-Stadt Sparkasse NürnbergIBAN: DE85 7605 0101 0001 0381 50
Verwendungszweck: Rotkreuz-Museum – Opel Blitz


Dezember 2023

Text: Eric Scherer, Fotos: Lena Willgalis, BRK Nürnberg