Der Sitz gleitet in Richtung Fahrzeugmitte, die Rückenlehne wechselt ihre Position – statt eines Fahrersitzes ist der „Flex-Seat“ ein Ort zum Ausruhen. Der Minivan kein Auto mehr, sondern Lounge oder Büro. Ein Innenraum, der sich dem Menschen anpasst, nicht umgekehrt.
Martin Pohl, 27, hat dieses Konzept entwickelt. Seine Bachelorarbeit an der Hochschule Hof: ein radikal neuer Innenraum für das autonome Fahren auf Level 4. Autos, die auf einem dafür vorgesehenen Gebiet selbst lenken, beschleunigen, bremsen – der Mensch darf schlafen, lesen oder arbeiten. Fahrer? Überflüssig. Und Pohl stellt die Frage: Wozu dann noch ein starres Sitzkonzept, ein starres Cockpit?


Sein Weg begann bei Opel mit einer Ausbildung zum Modellbauer: feilen, fräsen, konstruieren. „Kreatives Konstruieren und Planen – das ist mein Fundament“, sagt er. Danach der Sprung an die Fachschule für Produktdesign in Selb. Technikabschluss, Fachhochschulreife, IHK-Ausbilderschein – alles in drei Jahren. 2021 folgte das Studium „Design und Mobilität“ im neu gegründeten Studiengang an der Hochschule Hof. Seine Bachelorarbeit: ausgezeichnet mit der Bestnote.
Pohls Entwurf interpretiert die Opel-DNA basierend auf dem „Opel-Kompass“ – in Anlehnung an das Konzept, das schon der Opel Junior 1983 zeigte. Modularität ist das Prinzip. Sitze, Displays, Lüftungselemente, Lautsprecher: alles Module, verschiebbar, herausnehmbar. Selbst die Musikbox lässt sich für ein Picknick ins Freie tragen. Mehr Raum, ohne Verzicht auf Komfort. „Ich habe mich beim Innenraum an meinem Opel Meriva orientiert: Bei kompakten Ausmaßen bietet das Modell viel Platz im Innenraum“, sagt Pohl.
„Autonomes Fahren schafft Freiraum, den es zu füllen gilt. Mein Ansatz setzt auf größtmögliche Flexibilität.“
– Martin Pohl –

Für seine Abschlussarbeit hat sich Pohl tief in ein neues Themenfeld eingearbeitet: Künstliche Intelligenz. Sie half beim Berechnen von Varianten, beim Rendern, beim Ausprobieren von Oberflächen. „KI ist kein Ersatz, sondern ein Katalysator“, betont Pohl. Sie übernimmt Routinen – etwa die Berechnung der achten, neunten Sitzvariante. „Und sie eröffnet Freiräume für das, was wirklich zählt: die Entscheidung, den kreativen Prozess.“ „Verstehen von Prompting, Datenqualität und KI-Tools ist inzwischen genauso wichtig wie klassisches Zeichnen oder Modellieren“, sagt der 27-Jährige.
Das „Flex-Seat“-Konzept zeigt, was die automobile Zukunft bereithält: Autos, die zu Lebensräumen werden – mal Arbeitsplatz, mal Rückzugsort. Martin Pohl hat mit seiner Arbeit eine Tür aufgestoßen: weg vom statischen Auto, hin zum dynamischen Raum. Und er zeigt, was KI im Design leisten kann – „es ist ein Werkzeug für größere Freiheit.“

Oktober 2025