Efficient: We accompany hypermiler Felix Egolf on his drive through Germany. His goal is to drive over 2,000 kilometres in the Opel Insignia – on one tank of fuel.

Über 2.000 km mit
einem Tank – geht das?

Felix Egolf ist Hypermiler – also jemand, der bewusst sparsam Auto fährt. Wie er einen Opel Insignia 1.5D mit 3,15 Liter Durchschnittsverbrauch bewegt? „Mit erhöhtem Reifendruck, sensiblem Gasfuß und wachem Blick. Bei passenden Gegebenheiten schalte ich den Wagen auch mal ab, lasse ihn segeln. Es geht darum, die kinetische Energie optimal zu nutzen.

Kalter Kaffee, so eine Verbrauchsfahrt? Das dachte ich auch. Mit etwas Weitsicht, sensiblem Gasfuß und reichlich Brummi-Windschatten bringt man eine stattliche Mittelklasse-Limousine doch schnell unter fünf Liter pro 100 Kilometer. Was soll daran besonders sein? Und vor allem: rekordverdächtig? Wie falsch ich doch lag. Das hat vor allem mit Felix Egolf zu tun. Ein Schweizer Pilot im Ruhestand. Kräftiger Händedruck, kräftige Stimme, kräftige Ausstrahlung. Felix Egolf ist einer dieser Typen, der sich einer Sache mit viel Überzeugung annimmt. Scheitern? Keine Option.

Gerade füllt er den Tank des silbernen Opel Insignia. Eine ganz normale Limousine in Metallic-Silber, bestückt mit einem Dreizylinder-Turbodiesel. 300 Newtonmeter, sechs Gang-Schaltgetriebe, ein Start-Stopp-System – mehr Spar-Technik ist nicht an Bord. „Ich werde den Tank randvoll machen und den Luftdruck der Reifen auf rund drei bar erhöhen, so, wie es im beladenen Zustand zulässig ist“, erklärt Felix Egolf und lächelt Luisa zu. Die junge Tankwartin wird den Tank gleich versiegeln. Damit kein heimliches Nachfüllen möglich ist. Der Schweizer holt sich derweil einen Kaffee und beißt gut gelaunt in ein Croissant. „Ich bin gespannt, ob die 2.000 Kilometer mit einem Tank zu schaffen sind.“

Konstant: Der erste Teil der Tour führt von Rüsselsheim auf der Autobahn vorbei an Dortmund Richtung Norden.
Nostalgisch: Erstes Etappenziel ist die 1953 errichtete und unter Denkmalschutz stehende Oldtimer-Tankstelle in Hamburg.

Happy Hypermiling

Hypermiler? So nennt man diejenigen, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, ein Auto mit möglichst wenig Treibstoff zu bewegen. Oder ein E-Auto mit wenig Energie. Es geht ihnen darum, zu zeigen, wie groß der Einfluss des Fahrers ist. „Größer, als sich manch einer vorstellen kann“, führt Felix Egolf aus. Und ergänzt: „Moderne Autos werden immer sparsamer. Längst zählt jedes Gramm CO2. Eine Variable wird dabei selten berücksichtigt: der Fahrer. Dabei hat er elementaren Einfluss auf den Verbrauch eines Autos – und damit indirekt auf die Umwelt.“ Anders gesagt: Was nützt es, wenn das sparsamste Automobil entwickelt wird, aber der Fahrer völlig unbewusst ans Werk geht. Felix Egolf ist fest davon überzeugt: „Jeder könnte kleinere Verbräuche erzielen.“

Verschlossen: Damit nicht nachgetankt werden kann, bekommt der Tankdeckel ein Siegel.
Zentral: Felix Egolf hat bei der Langstreckenfahrt den durchschnittlichen Verbrauch immer im Blick.

„Der Einfluss des Fahrers ist größer, als sich manch einer vorstellen kann.“

Um diese These zu untermauern, will der Schweizer eine große Runde durch Deutschland drehen – im besten Falle über 2.000 Kilometer mit einem Tank. Der erste Teil der Tour führt von Rüsselsheim aus an Dortmund vorbei nach Hamburg. Abgesehen von einem Pit-Stop für den Fahrer spult der Insignia die ersten 400 Kilometer ohne Pause ab – die Tanknadel zuckt im Norden das erste Mal.


Wir folgen dem silbernen Opel-Flaggschiff in einem Begleitfahrzeug, um dessen Gewicht nicht zu beeinflussen. Nahe des Hamburger Hafens gibt‘s an der Oldtimer-Tankstelle die erste Rast. Felix Egolf wirkt frisch und munter und plaudert aus dem Nähkästchen, wie er sparsam Auto fährt: „Mit Voraussicht und sensiblem Gasfuß. Oft schalte ich den Wagen ab, um die kinetische Energie zu nutzen.“

Start und Ziel liegen in Rüsselsheim, gefahren wird im Uhrzeigersinn – und bei kühlem Wetter. Um bei der Fahrt ein realistisches Profil abzubilden, steuert Felix Egolf auch innerstädtische Ziele in Hamburg, Berlin, Leipzig und München an. Er steht im Stau. Er holt sich an Raststätten schlechten Kaffee. Wie im normalen Leben. Zudem baut er auch einige Etappen auf Landstraßen ein, um nicht nur auf der Autobahn zu fahren. Positiver Nebeneffekt der gewählten Route: So rollte der Opel nahezu durch jedes Bundesland.

Während er Kaffee und Kuchen bestellt, werfe ich einen Blick auf seinen Bordcomputer: 3,6 Liter Durchschnittsverbrauch. Wow! In Neustadt-Glewe, dem Ziel der ersten Etappe, sind es 3,4 l/100 km. Sieben Stunden und 54 Minuten war der Insignia heute unterwegs, bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 82.2 km/h. Klar, es ging ja auch einmal quer durch Hamburg. Der Autobahnanteil des ersten Tages betrug rund 85 Prozent. Am zweiten Tag geht‘s über Berlin – inklusive Stopp am Brandenburger Tor – nach Leipzig. Auch hier dreht Felix Egolf eine Stadtrunde, besucht die alte Messe und das Völkerschlachtdenkmal, um danach noch bis nach Bayern zu cruisen. In Langenbruck wird übernachtet. In 8:28 Stunden spulte der Insignia über 700 Kilometer ab. Der Bordcomputer spuckt 84.8 km/h Durchschnittsgeschwindigkeit aus und 3,6 l/100 km.

Ikonisch: Der Insignia gleitet in der Hauptstadt über die Straße des 17. Juni.
Imposant: Der Insignia passiert das überdimensionale Eingangstor zum Alten Messegelände in Leipzig.
Entspannt: Tag 3 führt den Hypermiler nach München – inklusive einer Rast im Biergarten.

Stau? Gehört leider dazu.

Tag drei beginnt neblig. Wir folgen Felix Egolf auf seinem Weg nach München, er möchte sich den Olympiapark anschauen, bleibt aber zuvor im Berufsverkehr stecken. Nach 30 Extraminuten stehen wir dann vor dem Park – und sehen kaum etwas. Der Nebel ist zu dicht. Also weiter Richtung Kempten und Meersburg. Am Bodensee ist das Wetter herrlich, wir machen eine längere Rast und plaudern über Geschwindigkeit und Kraftstoff. Dabei überschlägt der Hypermiler mal eben: „Nach meiner Einschätzung benötigt man bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 120 doppelt so viel Treibstoff wie bei Tempo 90.“


Nach meiner Einschätzung benötigt man bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 120 doppelt so viel Treibstoff wie bei Tempo 90.“

In seiner Rechnung treten gegeneinander an: ein 120 km/h-Durchschnitt-Fahrender und ein 90 km/h-Durchschnitt-Fahrender. Ersterer fährt drei Stunden, kommt 360 Kilometer weit. Für die gleiche Strecke benötigt der 90km/h-Fahrer vier Stunden. Rechne man nun aber den Durchschnittsverbrauch aus, ergebe sich dieses Bild: „Der 120er-Fahrer braucht bei 6 Litern auf 100 Kilometer 21,6 Liter, der Tempo 90-Fahrer benötigt nur 10,8 Liter. „Trotz einer Stunde mehr Fahrzeit spart der langsamere Fahrer also 10,8 Liter.“ Was bei einem Literpreis von 1,60 Euro unterm Strich 17,28 Euro ergebe – oder ein warmes Essen im Restaurant.

Malerisch: Am Bodensee lässt der Hypermiler bei herrlichem Wetter seinen Blick über den Binnensee schweifen.

Abwechslungsreich: Die letzte Etappe führt teilweise über Landstraßen zurück an den Opel-Stammsitz.

Am Abend verschnauft der Insignia in Riegel, sein Bordcomputer zeigt 74.4 km/h Durchschnittsgeschwindigkeit und 3,6 l/100 km. Viel interessanter sind die gefahrenen Kilometer: 1.849 sind es seit Beginn der Tour. Und die Tanknadel steht auf der letzten Markierung. Rüsselsheim liegt noch über 240 Kilometer entfernt – die letzte Etappe wird also spannend.

2.095 Kilometer mit 66 Litern Diesel

Kurz vor Mittag steuert Felix Egolf den Insignia auf die Tankstelle in Rüsselsheim. Genau hier hat er den Opel vor vier Tagen aufgetankt. 2.095 Kilometer später ist er wieder da. Und füllt im Beisein von Luisa 66 Liter nach. „Das gibt‘s ja gar nicht“, murmelt die Tankwächterin, während Felix im Kopf 3,15 Liter Verbrauch ausrechnet. „Gar nicht schlecht für eine normale Limousine“, bilanziert er. Und fügt hinzu: „Da sag‘ noch mal einer, der Diesel ist tot.“

Geschafft: Opel-Deutschlandchef Andreas Marx beglückwünscht den Hypermiler Felix Egolf am Ende seiner erfolgreichen Langstrecken-Tour. Genügsame 3,15 Liter auf 100 Kilometer hat der Insignia im Schnitt verbraucht.

Februar 2022

Dieser Artikel ist erschienen in AUTOStraßenverkehr, Ausgabe 03/2022; Text und Fotos: Dani Heyne