Der große kleine Pieks

Die Hoffnung kommt auf grünen Sohlen. Krankenschwester Marion balanciert in der Hand eine Instrumentenschale. Darin liegt das Mittel, auf dem die Zuversicht beruht, bald wieder etwas mehr Freiheiten im Alltag, mehr Normalität im Arbeitsleben genießen zu können: der Covid 19-Impfstoff. Ein kurzes Lächeln, dann verschwindet sie hinter einem der weißen Vorhänge in einer Kabine. Dort, wo seit dem 9. Juni Opel-Beschäftigte ihren großen kleinen Pieks erhalten.

In dem extra geschaffenen Impfzentrum in den Hallen von K-48 auf dem Rüsselsheimer Werksgelände haben in den vergangenen Wochen bereits über 2.200 Kolleginnen und Kollegen ihre erste Corona-Schutzimpfung erhalten. In Eisenach und Bochum, Kaiserslautern sind es weitere 1.000 Kollegen.

Auf 2.100 Quadratmetern ist auf dem Rüsselsheimer Werksgelände ein Impfzentrum entstanden.

Am Eingang: Fabio Bilotta (links) und Mohamed Lamhamdi (rechts) empfangen die Kollegen.

Hände desinfizieren gehört zum Standard ebenso wie das Fiebermessen.

Das erste, was beim Betreten des Impfzentrums auffällt: das Nichtvorhandensein von Hektik – obwohl an diesem Donnerstagvormittag viel los ist. Die Stimmen sind gedämpft, die Anweisungen präzise, die Stimmung konzentriert. Die Hallen bieten den entsprechenden Raum, sich gut und sicher zu fühlen. „Wir hatten die Wahl: Entweder die Impfungen in den Räumlichkeiten des Werksärztlichen Dienstes vorzunehmen oder dieses Zentrum zu schaffen“, wird Kerstin Rullkötter, die Projektverantwortliche bei Opel für das Impfangebot an Mitarbeiter, später erzählen.

Opel impft im K-48

Und so wurde der Hallenkomplex, in dem ansonsten Betriebsversammlungen, aber auch internationale Fahrzeugvorstellungen stattfinden, innerhalb von drei Wochen mit Kabinen, Trennwänden und Wegweisern ausgestattet. Die Logik des auf 2.100 Quadratmetern errichteten Zentrums folgt der öffentlichen Impfeinrichtungen. Um Begegnungen zu minimieren, durchlaufen die impfwilligen Kollegen eine Einbahnstraße mit den Stationen Empfang, Anmeldung, Impfkabine, dem Wartebereich nach der Impfung und der Abmeldung.

Über 2.200 Kolleginnen und Kollegen haben bereits ihre erste Corona-Schutzimpfung im K-48 erhalten.

DREI FRAGEN AN

Israfil „Isi“ Altindag

Herr Altindag, Sie haben sich bei uns, der Opel Post-Redaktion, gemeldet, weil Sie etwas zum Impfzentrum sagen möchten…  
Wissen Sie, ich bin ein Mensch, der sagt, was ist. Und was Opel mit dem Impfzentrum hier für uns, für die Mitarbeiter, auf die Beine gestellt hat, das ist einfach großartig – und nicht selbstverständlich. Ich weiß das sehr zu schätzen. Das wollte ich mal loswerden.

Das freut die Kollegen besonders hier im Impfzentrum bestimmt sehr, danke. Wie haben Sie ihre Impfung erlebt?   
Meine Kollegen und ich, wir arbeiten in der Dienstwagenausgabe, waren gleich zu Beginn Mitte Juni hier. Man weiß ja gerade beim ersten Mal nicht so genau, was auf einen zukommt. Doch jeder – vom Empfang über die Anmeldung bis zur Ärztin – hat sich Zeit genommen, alle meine Fragen wurden ausführlich beantwortet. Alles lief so reibungslos, ich habe mich sehr gut aufgehoben gefühlt. Meine Kollegen haben das genauso empfunden. Das deckt sich übrigens auch mit meinen sonstigen Erfahrungen der vergangenen Monate.   

Inwiefern – welche Erfahrungen haben Sie gemacht?
In der Dienstwagenausgabe kannst du kein Homeoffice machen – wir haben ganz normal vor Ort gearbeitet. Vom Start weg waren wir bestens ausgestattet mit Masken, Desinfektionsmittel und allem drum und dran. Viel wichtiger aber: Wir wurden jederzeit informiert und konnten uns jederzeit mit unseren Fragen an den Werksärztlichen Dienst wenden. Wir haben uns sicher gefühlt, niemand hat sich infiziert. Das soll auch so bleiben. Deswegen mein Wunsch an alle Kollegen: Holt euch unbedingt die zweite Impfung! Ich bekomme meine Ende Juli. Ich freue mich schon.

Die Anmeldung ist das organisatorische Herzstück.

Hier erfolgt die medizinische Registrierung, die Daten werden abgeglichen und überprüft.

Patrice Fodiop Sop ist an diesem Donnerstagvormittag der letzte Kollege, der eine Impfung vor der Mittagspause erhalten wird. Seinen Termin hat er über das Opel Online-Portal bekommen. Direkt am Schalter am Eingang wird der Mitarbeiter des Rüsselsheimer Entwicklungszentrums von Fabio Bilotta und Mohamed Lamhamdi empfangen. Sie kontrollieren seinen Termin, auch das Desinfizieren der Hände und Fiebermessen gehören zum Standardprogramm. „Normalerweise arbeiten wir beide als Gruppensprecher im Rohbau“, sagt Fabio Bilotta. „Als man Freiwillige gesucht hat, haben wir uns sofort gemeldet – ist doch Ehrensache“, ergänzt Mohamed Lamhamdi.

Anmelden und impfen

Im nächsten Schritt geleiten die beiden Patrice Fodiop Sop zur Anmeldung. Hier werden die Unterlagen und alle nicht-medizinischen Fragen überprüft. „Wir bereiten die Dokumente bestmöglich vor, damit es in der Impfkabine keine Verzögerungen gibt“, sagt Dörthe Markfeld-Buhr. Sie ist eine von drei Mitarbeitern der Anmeldung, sie bilden das organisatorische Herzstück des Zentrums. Den Wartebereich vor den Impfkabinen kann Patrice Fodiop Sop getrost ignorieren. Dr. Anne-Marie Albuszies steht schon bereit, bittet den Ingenieur in die Kabine. Im Wechsel mit ihren Kollegen Dr. Christian Frings, Dr. Arusha Happe und Dr. Ellen Egerer nimmt die Leiterin des Werksärztlichen Dienstes die Injektion in den Oberarm vor.

Krankenschwester Marion ist unermüdlich im Einsatz. „Aber nur ganz kurz“, sagt sie als der Fotograf um ein Foto bittet. Dann eilt sie auch schon wieder in der nächsten Kabine.  

Im Opel-Impfzentrum stehen diverse die Impfstoffe Verfügung. Die Dosen werden vom Bundesministerium für Gesundheit sowie den Bundesländern zugewiesen und verteilt.

„Die zweite Impfdosis
ist immens wichtig.“

Dr. Christian Frings

„Impfungen gehören zu den wichtigsten präventiven Maß­nah­men und moderne Impfstoffe sind gut ver­träg­lich“, betont Dr. Anne-Marie Albuszies. Bereits bei der Terminbuchung über das digitale Opel Impftermin-Management System erhalten die Impfwilligen ausführliche Informationen, zum Beispiel wer sich impfen lassen kann und bei wem die Impfung unter besonderen Bedingungen durchgeführt werden muss, etwa bei Personen mit schwerwiegenden Immunerkrankungen. „Jeder Kollege, der sich impfen lassen möchte“, sagt Dr. Christian Frings, „kann vorab ein gesondertes Gespräch mit uns Werksärzten führen.“  

Perfekt eingespielt

Hinter dem reibungslosen Ablauf des Opel-Impfzentrums steckt ein immenser organisatorischer Aufwand. Jeder der vier Ärzte, vier Krankenschwestern und bis zu 16 freiwilligen Helfern hat seine fest zugewiesenen Aufgaben, die Logistik muss sitzen, donnerstags werden etwa die Impfdosen für die Folgewoche geordert, Nachrücker werden organisiert, wenn ein Termin abgesagt wurde.

„Das Team arbeitet Hand in Hand und leistet seinen Beitrag höchst professionell. Jeder trägt mit seinem individuellen Einsatz zum erfolgreichen Gelingen des Impfprojektes bei“, zeigt sich Kerstin Rullkötter zufrieden. Das Team um die Opel-Projektmanagerin hatte Mitte Juli ein paar Tage Zeit durchzuschnaufen. Die Erstimpfungen wurden am 14. Juli abgeschlossen, eine Woche später, am 21. Juli, starteten die Zweitimpfungen. Denn der große kleine Pieks, der muss bei den meisten Impfstoffen zwei Mal erfolgen.

Bis zum 18. August geöffnet

„Wir freuen uns daher sehr, die Kollegen ein zweites Mal im Opel-Impfzentrum zu begrüßen. Die zweite Impfung ist immens wichtig“, betont Dr. Christian Frings. Das Impfzentrum ist bis zum 18. August geöffnet, bis dahin werden noch etwa 2.000 Zweitimpfungen durchgeführt. „Wir sind darauf vorbereitet, das Impfzentrum innerhalb von wenigen Tagen an der gleichen Stelle wieder aufzubauen, sollte eine Auffrischungsimpfung erforderlich sein.“

Es ist so weit: Patrice Fodiop Sop betritt eine der Impfkabinen. Die roten und grünen Schilder zeigen an, welche frei und welche besetzt sind.

Uns ist es sehr wichtig, alle Fragen der Kollegen zu beantworten.

Dr. Anne-Marie Albuszies

„Das Team arbeitet Hand in Hand.“

Kerstin Rullkötter

Patrice Fodiop Sop kommt mit einem Lächeln aus der Impfkabine: „Das hat gar nicht weh getan.“ Wie alle anderen auch nimmt er für 15 Minuten im großen Wartebereich zur Nachbeobachtung Platz. Die freiwilligen Helfer, Gerhard Klein und Rene Klose, beaufsichtigen die Wartenden und sehen sofort, wenn aufgrund der sommerlichen Temperaturen oder als Folge von Nachwirkungen das medizinische Fachpersonal tätig werden muss.

Zum Abschluss nach 45 Jahren

Der freiwillige Helfer Gerhard Klein arbeitet seit über 45 Jahren bei Opel, zuletzt als Planer im Presswerk. Es sind die letzten Wochen seines Arbeitslebens. Im September geht er in Rente. „Ich wollte zum Abschluss noch mal etwas Besonderes erleben – vielleicht auch etwas zurückgeben nach so vielen Jahren“, sagt er. Und wo sollte das besser gehen, als an diesem besonderen Ort.

Auch Patrice Fodiop Sop wird dem Opel-Impfzentrum einen weiteren Besuch abstatten, um die zweite Impfdosis zu erhalten.

Bevor Gerhard Klein (rechts) im September in den Ruhestand geht, hat er sich als freiwilliger Helfer gemeldet.


Juli 2021

Text: Tina Henze; Fotos: Alex Heimann, Andreas Liebschner