Von Emufeder bis E-Mobilität

Bestückt mit braunem Gefieder dreht sich hinter der Glasscheibe eine riesige Walze. Die Emufedern streichen dabei sanft über die Karosserie. „Jeder Grandland, der hier vom Band läuft, bekommt diese Streicheleinheit“, erzählt Ralf Möller, Mitarbeiter der Lackiererei im Eisenacher Werk, den Besuchern. Was haben inmitten eines hochautomatisierten Prozesses in einem der modernsten Automobilwerke Europas Emufedern zu suchen? „Manchmal ist die Natur unschlagbar“, sagt Ralf Möller, „die Federn entfernen selbst feinsten Staub, außerdem wirken sie antistatisch.“ Die Behandlung gibt es, bevor der Basislack, also die eigentliche Farbe, aufgetragen wird.

Nicht nur Größe, Hightech und Logistik: Es sind diese schönen Details, die die Faszination Fertigung ausmachen. Und davon gibt es beim „Tag der offenen Tür“ Mitte September jede Menge. 3.000 Besucher nutzen die Gelegenheit, das Eisenacher Werk zu besuchen. Der Anlass: In dem Werk am Fuße der Wartburg, auf der Martin Luther vor exakt 500 Jahren die Bibel ins Deutsche übersetzte, werden seit 30 Jahren Opel-Modelle gefertigt.

Grund zum Feiern: 3.000 Besucher nutzten die Gelegenheit und strömten zum „Tag der offenen Tür“ auf das Werkgelände. Das Motto lautete „Familie und Freunde“.
Festredner: „Opel hat sich nach der Wende als einer der ersten westdeutschen Autohersteller in den neuen Ländern engagiert – mit großem Erfolg“, sagte der thüringische Ministerpräsident Bodo Ramelow während des Festaktes.
Zahlreiche Ehrengäste: Beim offiziellen Festakt dabei waren der Betriebsratsvorsitzender Bernd Lösche (von links), Opel-Arbeitsdirektor Ralph Wangemann, Werkleiter Jörg Escher, Opel CEO Florian Huettl, der Thüringische Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee, die Eisenacher Oberbürgermeisterin Katja Wolf, Ministerpräsident Bodo Ramelow und Reinhard Krebs, Landrat des Wartburgkreises.

„Hier werden Bestseller in
erstklassiger, sprichwörtlicher
Eisenach-Qualität produziert.“

– Opel CEO Florian Huettl –

Am Vormittag wird der Tag mit einem Festakt eröffnet. Nicht nur 30 Gäste sind eingeladen, auch 30 Mitarbeiter hören die Festreden. Für den thüringischen Ministerpräsidenten Bodo Ramelow verkörpert das Werk in Eisenach den Fakt, „dass in Thüringen Zukunft Tradition hat“. Für Opel-Chef Florian Huettl ist es unter anderem ein wichtiger Baustein auf dem Weg zur komplett elektrischen Marke. Und Eisenachs Oberbürgermeisterin Katja Wolf erinnert das 1992 eröffnete Werk an die langjährige „automobile Seele“ der Stadt.

Für Jennifer Reinhold – wir treffen sie später beim Werkrundgang – ist das Werk „ein Stück Familie“. Sie selbst arbeitet in der Lackiererei, während ihre Mutter Steffi Spiegler in der Fertig- und Endmontage Türmodule montiert und ihr Vater Roy Spiegler im Rohbau die Schweißvorgänge beaufsichtigt. Viele Eisenacher Familien tragen das automobile Gen in sich, die Stadt ist eines der wichtigsten Zentren der deutschen Autoindustrie – in dessen Stammbuch sich Opel vor 30 Jahren eingereiht hat.

Blick hinter die Kulissen: Die Besucher konnten drei Produktionsbereiche – Lackiererei, Rohbau sowie Fertig- und Endmontage – besuchen.  
Seltene Gelegenheit: Die Fertigungslinien hautnah zu erleben, ist nur zu besonderen Anlässen möglich.
Einmal Schmetterling, bitte! Das Kinderprogramm machte den Tag zu einem Erlebnis für die ganze Familie.
Tierische Hilfsmittel: Ralf Möller präsentierte Emufedern – sie wirken antistatisch und sind unentbehrlich vor dem Lackiervorgang.
Klein, aber Tatütata: Die Werkfeuerwehr zeigte ihre technische Ausrüstung. Heiß begehrt war das feuerrote Rocks-e-Unikat.

Der Autobauer aus Rüsselsheim engagierte sich nach der Wende als einer der ersten westdeutschen Automobilhersteller in den neuen Bundesländern. Und legte durch das neue Werk und das entsprechende Investitionsvolumen von über einer Milliarde Mark den Grundstein zur Wiederbelebung des Automobilbaus in der traditionsreichen Region. 3,7 Millionen Fahrzeuge sind bislang im Eisenacher Werk vom Band gelaufen – erst Astra, dann Corsa und Adam, heute der Grandland. Das Top-SUV ist das erste elektrifizierte Modell, das in Eisenach gefertigt wird. Und man kann es heute Probefahren kann.

Schirm auf, Schirm zu – das Wetter ist durchwachsen. Die Schlange für die Probefahrten aber wächst, ebenso wie die für die Thüringer Bratwürste. Begehrter als SUV und Wurst ist nur der feuerrote Opel Rocks-e aus dem Fuhrpark der Werkfeuerwehr. Das vollelektrische City-Mobil kann man bereits ab 15 Jahren mit einem Mofa-Führerschein fahren. Im Minutentakt klettern Kindern auf den Fahrersitz. Die nächste Generation – sie teilt bereits die Faszination für das automobile Erbe der Region.

Familienbande: Steffi Spiegler (links) montiert Türmodule, ihr Ehemann Roy Spiegler (rechts) ist Schweißaufsicht im Rohbau. Tochter Jennifer Reinhold (Mitte), hier mit Sohn Louis, arbeitet in der Lackiererei.
Wir waren dabei! Hunderte Besucher verewigten sich mit bunten Stiften auf einer Karosserie des Grandland. Nach einer Schicht Klarlack wird das Unikat als Erinnerung an den runden Geburtstag aufbewahrt.
160 Jahre Opel: Auch das Unternehmen selbst feiert dieses Jahr einen runden Geburtstag. In den Eisenacher Werkshallen zu sehen waren Highlights aus der Historie, darunter ein Hochrad.
„Großes“ fährt am Standort vor: In den vergangenen Jahren umfangreich modernisiert, produzieren die Mitarbeiter im Werk Eisenach den Grandland. Das aktuelle Opel-Top-SUV konnten die Besucher – neben dem Opel Mokka und dem Opel Astra – Probefahren.

„Das Werk Eisenach ist ein Stück Familie.“

– Jennifer Reinhold –


September 2022

Fotos: Alexander Bonn