Lust auf Opel?

Eckhart Bartels

„Ich hab wieder Lust auf Opel“, schreibt der erfahrene Autojournalist Christian Steiger in seinem Gastkommentar. In dem er keinesfalls verschweigt, dass ihn in diesen Zeiten des Wandels einiges auch fremdeln lässt. Doch „Opel hat mich lange nicht mehr so neugierig gemacht wie heute“, versichert er. Er freut sich auf den „hübschesten Corsa der Geschichte“, sieht im Astra Sports Tourer „das attraktivste Argument gegen einen SUV“ und fände es toll, wenn der Insignia-Nachfolger tatsächlich Monza hieße und der elektrische Manta so bald wie möglich käme. Lust auf Opel macht Christian Steiger auch das „Opel-Jahrbuch 2024“, das sein Gastkommentar einleitet. In diesem blicken Eckhart Bartels und sein Team wie gewohnt mehr zurück als nach vorn. Doch hat die Redaktion auch diesmal wieder Stories ausgegraben, die bereits bei der Lektüre der Inhaltsangabe neugierig machen.

Opel „on air“:
Ein fast vergessenes Projekt des alten Fritz

Wer wusste bislang, dass Opel sich auch mal an der Produktion von Radioempfängern beteiligte – und das in den Pionierjahren der Rundfunktechnik? Am 29. Oktober 1923 wurde in Deutschland die erste Radiosendung ausgestrahlt. Zum Jahreswechsel 1923/24 gründete der Frankfurter Kaufmann Heinz W. Schneider die Firma Schneider-Opel AG, Radiowerke. Und in der steckte, wie der Name bereits andeutet, Geld der Rüsselsheimer Opel-Familie. Genauer: Das des damals 24-Jährigen Fritz von Opel, der als besonders innovations- und experimentierfreudig galt. Der damit auch Familienbande pflegte: Fritz von Opels Cousine Sophie, Tochter von Carl und Helene von Opel, war mit Schneider verheiratet. Die Schneider-Opel-Geräte wurden mit Genehmigung des Lizenz-Inhabers Telefunken hergestellt, in allen Preisklassen. Bis 1931 brachte das Unternehmen 35 verschiedene Modelle auf den Markt. Dann machte ihm die Wirtschaftskrise den Garaus.

Tempo und technische Kompetenz:
Wie der Zeppelin zum Blitz wurde

Kenner wissen, dass vor dem Blitz der Zeppelin das Opel-Markenzeichen war. Der „Blitz“ als Symbol existierte zwar bereits 1930, aber nur als Angebot im Zubehör-Sortiment. Bis in die 1930er Jahre schmückte außerdem ein „Opel-Auge“ die Kühler der Rüsselsheimer Fahrzeuge. Doch das wäre als dreidimensionale Kühlerfigur auf der Front nur schwer vorstellbar gewesen. Und Kühlerfiguren auf Automobilen kamen in diesen Tagen nun einmal in Mode, ein gewisser Stern hatte da buchstäblich ein Zeichen gesetzt. General Motors-Konzern, zu dem Opel seit 1929 gehörte, entschied sich für den Zeppelin als Opel-Symbol. Weshalb? Weil der Zeppelin seinerzeit wie kein anderes Fortbewegungsmittel für technische Kompetenz stand. Eigenschaften, die Autofahrer künftig auch mit Opel verbinden sollten. In der Luftfahrt endete die Geschichte des Zeppelins bekanntlich mit der Katastrophe von Lakehurst im Jahr 1937. Auf den Opel-Kühlern jedoch blieb er noch bis 1961 erhalten, erhielt aber ein zusehends stilisierteres Erscheinungsbild. So dass er dem Blitz bereits recht ähnlich sah, bis dieser ihn endgültig ablöste.

Warum das Calibra Cabriolet nie kam –
und doch der Beginn einer guten Zusammenarbeit war

Ein Calibra Cabriolet? Ja, das gab es tatsächlich. Wenn auch nur als Prototyp. Unter der Leitung seines langjährigen Entwicklungschefs Friedrich Lohr hat Opel die Idee eines „Oben ohne“-Calibras Ende der Achtziger über zwei Jahre lang sehr konkret verfolgt. Mit der Fahrzeugentwicklung war Eckard Design (EDAG) betraut, ein Spezialist, der sich 1969 bei Darmstadt gegründet hatte. 42.000 D-Mark sollte das Calibra Cabrio kosten, 3.000 bis 4.000 Stück ab Herbst 1991 vom Band laufen – so sahen es die Planungen im Jahr 1989 vor. Im August 1990 waren sich Opel- und EDAG-Designer bereits einig geworden, die GM-Schwester Saab sollte produzieren und die Kosten kalkulieren – und da zeigte sich: Dieses Cabrio würde viel teurer werden als zunächst gedacht. 55.000 Mark hätten für ein Exemplar verlangt werden müssen, damit hätte es auf dem damaligen Markt keine Chance gehabt. Die Zusammenarbeit mit Eckard hatte bei den Opel-Entwicklern jedoch einen bleibenden Eindruck hinterlassen. 2008 übernahmen EDAG-Designer die Gesamtentwicklung für den Meriva. Es war das erste Mal, dass Opel diese Verantwortung einem externen Partner übertrug.

125 Jahre Opel Automobilbau?
Lutzmanns „Leichten Jagdwagen“ gab’s fünf Jahre früher

Opel feiert kommendes Jahr den 125. Geburtstag seiner Fahrzeugproduktion. Dagegen hat die Jahrbuch-Redaktion ja auch nichts. Sie sattelt aber noch fünf Jahre drauf – und gedenkt dem Automobilbau Friedrich Lutzmanns. Der erfinderische Unternehmer aus Nienburg an der Saale, der auch Kunstschmiedearbeiten und Fahrräder verkaufte, fertigte schon 1894 einen motorisierten „Leichten Jagdwagen“. Bis 1899 folgten noch etliche Modelle mehr in so ziemlich allen denkbaren Größen – bis hin zu einem Zwölfsitzer mit geschlossenem Aufbau. 1899 nahm Lutzmann dann das Angebot der Familie Opel an, in Rüsselsheim zu produzieren und zu verkaufen. Und die Fabrikantensöhne reduzierten die Vielfalt des Lutzmann-Angebots flugs auf ein einziges Modell, um größere Stückzahlen herstellen zu können. „Der Opel Patentmotorwagen Lutzmann“ kam auf den Markt. Und der Rest ist Geschichte.

Es darf gefeiert werden

Und es gibt 2024 noch weitere Anlässe zum Feiern: Die „Opel Post“ etwa wird 75 Jahre alt. Anlass für einen kurzen Abriss ihrer Geschichte, die auch ein Stück vom allgemeinen Wandel der Medienwelt erzählt. Und der Launch des Tigra Twin Top feiert seinen 20. Jahrestag. Ein idealer Aufhänger, einen Blick auf diesen interessanten Zweisitzer zu werfen. Die Rennsportikone Walter Röhrl ist 1974 in einem Opel Ascona Rallye-Europameister geworden. Zum 50-Jährigen im nächsten Jahr werden darüber sicher viele schreiben. Im Opel-Jahrbuch 2024 aber kommt aber die Legende selbst ausführlich zu Wort – im Gespräch mit dem ausgewiesenen Motorsportexperten Alois Drexler. Und damit sind noch längst nicht alle Themen angerissen, die im neuen Opel Jahrbuch zu finden sind.

Das Opel-Jahrbuch 2024 (ISBN: 9783751611015) ist im Podszun-Verlag erschienen, kostet 18,90 Euro und ist 144 Seiten stark. Zu beziehen ist es über jede Buchhandlung oder direkt beim Verlag.


Dezember 2023

Text: Eric Scherer, Fotos: Opel-Jahrbuch, privat