Oliver Sauer (27)

DER WERT EINER SEKUNDE

Akademiker sitzen am Schreibtisch und haben ihre Stärken in der Theorie. So weit das gängige Klischee. Solchem Schubladendenken wird im Werk Rüsselsheim systematisch entgegengewirkt: Im Rahmen ihres „Onboarding“-Programms arbeiten Jungingenieure, die neu ins Unternehmen gekommen sind, vier Tage lang voll an der Linie mit – und machen sich ausgiebig mit der „Hardware“ der Bauteile vertraut, die sie künftig am Bildschirm ent­wic­keln werden.

Es ist eben noch kein Meister vom Himmel gefallen – auch beim Einbau eines „Dachhimmels“ nicht. Umso beeindruckender ist, wie sicher Oliver Sauers Handgriffe bereits sitzen. Dabei ist es erst seine dritte Schicht auf der Station. Und einfach ist der Job weiß Gott nicht. „Vor allem ist er auf die Dauer körperlich ziemlich anstrengend – man schraubt ja durchweg mit den Armen in der Höhe“, erzählt der 27-Jährige. Zufrieden ist er dennoch. „Das ist eine wahnsinnig tolle Erfahrung, das Bauteil und die Arbeit, die damit verbunden ist, mal aus dieser Perspektive kennenzulernen.“

 

Oliver Sauer (27)

Oliver Sauer (27): „Ich werde künftig den Dachhimmel für den neuen Astra mit­entwickeln – dank dieses Programms habe ich jetzt die Möglichkeit, mich mit dem Teil bei der Montage vertraut zu machen. Nachdem ich 2007 bereits ein Praktikum in der Rüsselsheimer Lehrwerkstatt absolviert hatte, wusste ich bereits, was auf mich zukommen würde. Die Teilnahme an diesem Programm ist ja freiwillig. Ich finde aber, diese Praxiserfahrung sollte für jeden neuen Mitarbeiter verpflichtend sein, einfach, weil sie so wertvoll ist.“

 

Oliver Sauer ist seit Oktober 2013 bei Opel. Der Ingenieur wird bei der Entwicklung des Dachhimmels für die nächste Astra-Generation mitwirken. Die Praxiserfahrung im Schichtbetrieb ist Teil des insgesamt dreistufigen „Onboarding“-Programms, das neuen Mitarbeitern den Einstieg in die Opel/Vauxhall-Welt erleichtert. Dieses hält viel Grundwissen über Unternehmen und Philosophie bereit und bietet auch die Gelegenheit, Opel „live“ zu erfahren – bei einer „Ride-Session“ in Testzentrum Dudenhofen. Im letzten Abschnitt aber wird’s richtig praktisch: Im Rahmen eines SWE-Trainings (SWE = „Simulated Work Environment“) wird den Jungingenieuren zunächst auf einer Modelllinie ein Eindruck von den Anforderungen vermittelt, die der Alltag an Fertigungsmitarbeiter stellt – und danach geht’s für vier Tage in die echte Produktion.

 

 

Julian Michaelis (31)

Julian Michaelis (31): „Ich werde künftig in der Motorsimulation arbeiten – da passt es hervorragend, dass für mich ein Platz in der Motorenendaufrüstung gefunden wurde. Ich bin studierter Mathematiker, habe daher, im Gegensatz zu den meisten Ingenieuren, kein Berufspraktikum absolviert. So ganz ungeschickt bin ich handwerklich aber nicht, schließlich erledige ich daheim alle anfallenden Elektroarbeiten persönlich. Was ich hier von der Linie mitnehme? Eine super Erfahrung – und einen Riesenrespekt vor den Werkern an der Linie. Was die in 60 Sekunden Taktzeit alles leisten, ist unglaublich.“

 

 

NEUAUFLAGE MIT ERWEITERTEN OPTIONEN
Dass Oliver Sauer mit der Hardware des Bauteils hantiert, das er künftig eher als Software bearbeiten wird, ist natürlich kein Zufall – sondern von den Machern des Programms so gewollt. „Nach Möglichkeit soll jeder in dem Produktionsbereich tätig sein, für den er später Entwicklungsarbeit leistet“, erklärt Thomas Wedde, Leiter Zentrale Trainingskoordination. Nachdem es in der ersten Jahreshälfte 2013 keine Neueinstellungen gab, war das Onboarding-Programm ausgesetzt worden. Mit der Neuauflage sind die Optionen nun erweitert worden. „Bislang hatten wir die Jungingenieure nur in der Fertig- und Endmontage eingesetzt, jetzt haben wir für sie in allen Produktionsbereichen Einsatzmöglichkeiten, also auch in der Lackiererei, dem Karosserie- oder dem Komponentenwerk.“

Schon in der Vergangenheit hat das Programm viele nützliche Effekte bewirkt, von denen die gesamte Produktion profitierte. „Wir hatten hier mal Probleme mit einem Türelement, das sich bei der Montage immer wieder mal aushängte“, erzählt Jürgen Dörr, Meister im „Trim 3“ der Fertigmontage, in dem auch Oliver Sauer Dachhimmel montiert. „Ein Jungingenieur, der im Rahmen des Onboardings zu uns kam, hat das gesehen und das Teil später in seinem zuständigen Entwicklungsbereich konstruktiv verbessert – jetzt haben wir das Problem nicht mehr.“

 

Mareike Last (26)

Mareike Last (26): „Ich arbeite im Cockpit-Zusammenbau – und setze unter anderem die Insignia Faceplate und das Touchdisplay ein. Unter anderem werden mich eben diese Module auch künftig bei Opel beschäftigen. Ich habe Human Factors, Psychologie im Bereich Ingenieurswissenschaften, studiert und werde mich insbesondere der Mensch-Maschinen-Interaktion von Infotainmentsystemen widmen. Auch wenn ich in naher Zukunft nicht unbedingt zur Verbesserung der Ergonomie bezüglich der Verbaubarkeit von Infotainmentsystemen beitragen werde, so ist auch das ein potenzielles Arbeitsfeld. Dieser Blick über den Tellerrand macht absolut Sinn.“

 

 

BAHNLINIE SOLL KEINE GRENZE SEIN
Solche Erfolgsgeschichten hört Carsten Brust gerne. Er ist in der Personalabteilung zuständig für Führungskräfte-Entwicklung und hat in dieser Eigenschaft auch das Onboarding-Programm unter seinen Fittichen. „Nach ihrem Einsatz in der Produktion kommen Ingenieure auch gerne immer wieder mal zu Besuch – oder ein Meister ruft bei einem seiner ehemaligen Schützlinge in der Entwicklung an, um seine Meinung zu einem neu konstruierten Bauteil loszuwerden.“ Genau darum soll es beim Onboarding nämlich auch gehen: Die Grundlagen für einen Dialog zwischen den Bereichen schaffen, Kontakte und Netzwerke knüpfen. Die Eisenbahnlinie, die in Rüsselsheim optisch Entwicklungs- und Fertigungsbereiche voneinander trennt, soll keine „Grenze in den Köpfen“ sein.

Die Jungingenieure kommen stets in Gruppen von zehn bis 15 Personen. „Zuletzt, als kurzfristig mal noch ein Platz an der Linie frei wurde, haben wir ihn mit einem Praktikanten besetzt – auch der war dankbar für die Erfahrung“, berichtet Matthias Deschamps, Trainer der Zentralen Trainingskoordination. In den Feedback-Runden, mit denen die Onboardings regelmäßig enden, wird vor allem das Vertraut-Werden mit dem 60-Sekunden-Takt als unschätzbare Erfahrung gelobt. „Wie sagte ein Teilnehmer mal so treffend: Ich weiß jetzt, was eine Sekunde wert ist.“

Unabhängig vom Onboarding-Programm besteht übrigens für alle Ingenieure und Einkäufer die Möglichkeit, einmal eine Woche an der Linie mitzuarbeiten. Entsprechende Anfragen können an Thomas Wedde gerichtet werden.

 

 

 

 

 

 

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