Ich bin ein Berlina

Skier auf dem Dach: Die Reisenden des Titelbildes sind auf dem Weg nach Südtirol, wo Frühjahrsblüten und Schnee nahe beieinander liegen.


Titelbild:
reif für den urlaub


Es wird endlich wärmer. Ein guter Zeitpunkt, sich auch schon mal über den bevorstehenden Jahresurlaub im Sommer Gedanken zu machen. Die Opel Post im Mai des Jahres 1977 greift diesen Gedanken auf und macht die „Urlaubsreise mit dem Wohnwagen“ zur Titelgeschichte, in der knifflige Details wie das Rückwärtsfahren mit dem Anhänger besprochen werden. Doch auch auf den übrigen Seiten hält die Ausgabe jede Menge Informationen für seine damals  58.989 Mitarbeiter bereit. Unter anderem verschweigt sie nicht, dass sie von der Betriebszeitung der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP)  „Lügenblättchen“ bezeichnet wurde. Das Organ trägt übrigens den Namen „Roter Kadett“, was allerdings nicht als Opel-Bezug zu verstehen ist. Interessant, dass Begriffe wie „Lügenpresse“ schon 1977 benutzt wurden, die Bezeichnung „Fake News“ allerdings muss noch erfunden werden.

 


der Kadett hat
mehr luxus im Programm


Opel präsentiert 1977 einen neuen Kadett: den Berlina. Das Unternehmen will mit ihm dem „zunehmenden Trend der Käufer wirtschaftlicher Kompaktwagen“ Rechnung tragen, die mehr und mehr gediegenen Luxus schätzen, wie er in der Klasse bislang nicht üblich war“, schreibt die Opel Post. Wir notieren: Das war also schon 40 Jahren eine Opel-Spezialität. Optisch besticht der Berlina mit einem neuen Front-Design, das gleichzeitig auch im „Kadett Luxus“ Einzug hält und mit dem Opel die Baureihe insgesamt aufwerten will. Nicht zuletzt überzeugen auch die inneren Werte des neuen Modells: „Ab sofort gibt es den Kadett auch mit spurtstarken 75 Pferdestärken.“

Wichtigstes Merkmal der veränderten Frontpartie (hier am Aero Cabrio): Die Blinker sind jetzt seitlich auf Höhe der Scheinwerfer angeordnet.

 


Eine Abteilung
für die gesundheit


 

02_Gesundheit

Vorsorgeuntersuchung: Werksarzt Dr. Max Crone mit einem Miarbeiter, im Hintergrund Schwester Poldi.

Dem Werksärztlichen Dienst ist die umfangreichste Geschichte dieser Ausgabe gewidmet. Ihr Leiter Dr. med. Carow gibt in einem sechsseitigen, eindrucksvoll bebilderten Interview ausführlich Auskunft über die vielfältigen Aufgaben der insgesamt 82 Mitarbeiter. Darüber hinaus plaudert der Mediziner auch ein wenig über die Geschichte des Gesundheitsschutzes bei Opel und zitiert aus einer Betriebsrichtlinie des Jahres 1931, in der von der ersten Sanitätsstation am Standort Rüsselsheim die Rede ist: Sie öffnete seinerzeit in der „Villa Martha“ und bestand aus zwei Verbandsräumen – einem für Männer und einem für Frauen. Dazu ein Ruheraum sowie ein Arztzimmer. So nahm der Werksärztliche Dienst bei Opel seinen Anfang.

Gesundheitsschutz bei Opel: 82 Kollegen sind 1977 beim Werksärztlichen Dienst im Einsatz.



Was die Kollegen
anno 1977 sonst so machen


Was wäre die Opel Post ohne den „menschelnden“ Einschlag, den die Belegschaft immer wieder wie von selbst liefert? In dieser Ausgabe wird Ernst Weidmann vorgestellt, ein „Verseschmied und Musikus“, der als Kostenschätzer in der Opel-Zentralplanung arbeitet. In seiner Freizeit gibt er an der Volkshochschule Raunheim Akkordeon-Unterricht, und in der Fastnachtszeit brilliert er in der Bütt. Themen seiner Vorträge sind beispielsweise „Vielmännerei“, „Frostbeulen“ oder „Feiertagspfunde.“ Anlässlich seines 25-jährigen Jubiläums bei Opel haben seine Kollegen die Spötteleien des „heimlichen Hans Sachs von Raunheim“ in ein Buch mit dem Titel „Halbwahre Begebenheiten“  gepresst. Die Opel Post druckt daraus das Poem „Der Büroschlaf“.

Und in der Transportabteilung des Presswerks hat die Redaktion H. Weiss entdeckt – leider wird der Vorname nirgends ausgeschrieben. Er ist an Wochenenden mit seiner Band „All Stars“ unterwegs, wo er das Schlagzeug bearbeitet, und zwar auf hohem Niveau: Zwischen 1946 und 1949 hat H. Weiss in München Musik studiert.

Der gelernte Musiker H. Weiss am Schlagzeug (links) und Ernst Weidmann in der Bütt.

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Eine Kostprobe aus dem Buch mit dem Titel „Halbwahre Begebenheiten“.

 


Zeitgeschichte:
die Gurtpflicht naht


Unfallhergang, zu dem die Abteilung Unfallforschung PEK das Material beisteuerte: Ein Kadett und ein Kadett GT/E prallen bei Schneeglätte zusammen. Der Fahrer des Kadett – er war nicht angeschnallt – wurde schwer verletzt. Der zweite, angegurtete Fahrer blieb unverletzt.

„Gscheidle“ heißt der Bundesverkehrsminister des Jahres 1977. Er halte es für nicht mehr ausgeschlossen,  dass Autofahrer, die sich nicht anschallen, demnächst Bußgeld zahlen müssen, heißt es in einer Meldung dieser Opel Post-Ausgabe. In der Tat wird es noch sieben Jahre dauern, bis es soweit ist: Ab dem 1. August 1984 werden 40 Mark Bußgeld für Gurtmuffel fällig. Die Diskussion darüber ist jedoch schon 1977 im Gange – und die Opel Post bezieht klar Position: In der Serie „Lebensretter Sicherheitsgurt“  berichten Opel-Mitarbeiter von Unfällen, die sie erlebten und in denen ein Gurt schlimmen Verletzungen vorgebeugt hätte. In der aktuellen Ausgabe schildert die PEK-Mitarbeiterin Susan Kapetanovic, wie sie mit nur 60 Stundenkilometern auf einen Reisebus auffuhr und Brüche und Schnittverletzungen erlitt: „Mit Gurt wäre das nicht passiert.“ Dennoch sollte es noch lange  Widerstände gegen die Gurtpflicht geben. Erst als nach ihrer Einführung Statistiken zweifelsfrei belegen, dass es zu deutlich weniger, beziehungsweise weniger schweren Verletzungen bei Unfällen im Straßenverkehr kommt, verstummen die Kritiker endgültig.

 

 


 

 

 

 


Stand Mai 2017

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Text: Eric Scherer