Blick in den Rückspiegel

Opel feiert 100. Geburtstag, da kann nur einer „Coverboy“ sein: der Unternehmensgründer selbst. Ansonsten in der Ausgabe von vor 60 Jahren: Anekdoten, Legenden, Feiern und Geldangelegenheiten.

Die komplette Ausgabe zum Download: Die Opel Post vom Juli 1962

Erinnerung an die Söhne

Die Opel-Brüder (von links): Wilhelm, Fritz, Ludwig, Karl und Heinrich.

Ludwig Opel hat den ersten Weltkrieg leider nicht überlebt. Karl von Opel stellte seinen Mitarbeitern gerne seinen eigenen Wagen als Hochzeitskutsche zur Verfügung. Und der temperamentvolle Heinrich von Opel polterte als Leiter der Verkaufsabteilung hin und wieder mal, war aber niemals nachtragend. Fritz Opel reagierte überhaupt nicht angesäuert, als ihn ein Werkschutz-Mitarbeiter einmal anwies, in der Fabrik nicht zu rauchen – er belohnte dessen Courage sogar mit einem Geldpräsent. Und Wilhelm von Opel hatte nicht nur die Idee, eine Altersvorsorge einzuführen, über den Geheimrat kursieren etliche Anekdoten. So nahm er einmal einen jungen Bauernburschen, der ihn nicht erkannte, in seinem „Laubfrosch“ mit. Und als dieser ausstieg, bestand er darauf, den Fahrdienst mit einem Markstück zu bezahlen. Seine Begründung: „Wer Opel fährt, der braucht sein Geld.“


Klar, man kennt zwar die Namen der fünf Opel-Brüder, aber die Opel Post-Ausgabe vom Juli 1962 bietet die Gelegenheit, vier von ihnen auch mal in kleinen Geschichten kennenzulernen. Schön.


Besuch bei einer Legende

Carls Jörns zusammen mit seiner Schwester Kätchen.
Der ehemalige Rennfahrer fährt noch immer selbst.

Mal nachzuforschen, was ehemalige Opelaner im Ruhestand so zu treiben, hat gute Tradition in der Opel Post-Redaktion. Und für die Ausgabe zum 100. Geburtstag des Unternehmens darf es nicht nur, das muss es einer von den ganz Großen sein: Carl Jörns, die erste große Rennfahrerlegende, die Opel hervorgebracht hat. Zwischen 1903 und 1926 gewann „Carlo“, der 1902 als Fahrlehrer und Einfahrer angestellt wurde, insgesamt 288 Rennen für seine Marke. Wobei sein wichtigster Erfolg „nur“ ein dritter Platz war: Den sicherte er sich als bester Deutscher 1907 beim Kaiserpreis-Rennen im Taunus, was Opel den prestigeträchtigen Titel als „kaiserlicher Hoflieferant für Automobile“ einbrachte.


1945 aus dem Unternehmen ausgestiegen, genießt Carlo Jörns im Jahr 1962 als 86-Jähriger seinen Ruhestand mit seiner Schwester Kätchen in seinem Zuhause in Wiesbaden. Ein bis zwei Mal die Woche fährt er – natürlich nach wie vor persönlich am Steuer sitzend – nach Rüsselsheim, um zu schauen, was es im Werk Neues gibt. Und er, der, damals Radsportler, Adam Opel noch persönlich kennenlernte, freut sich ungemein, dass er den 100. Geburtstag seines Unternehmens mitfeiern darf.


Der Wunsch der Opel-Redaktion, auch ihm noch zu seinem 100. gratulieren zu dürfen, wird sich allerdings nicht erfüllen: Carl Jörns starb 1969 im Alter von 93 Jahren im Rüsselsheimer Stadtkrankenhaus.


So wurde der 100. gefeiert

Wie hat man eigentlich vor 60 Jahren den 100. Geburtstag des Unternehmens gefeiert? Auch das kann man in der Opel Post-Ausgabe nachlesen: Am Morgen des 14. August 1962 legte Generaldirektor Nelson J. Stork zunächst einen Kranz am Grab von Adam Opel nieder. Um 10.30 Uhr startete im Bau K62 ein offizieller Festakt, der auch in die Speisesäle übertragen wurde. Auf der Rednerliste standen neben Stork auch der Betriebsratsvorsitzende Paul Lorenz, der Rüsselsheimer Bürgermeister Walter Köbel, der hessische Ministerpräsident Georg August Zinn, sowie, last but least, Ludwig Erhard, Bundeswirtschaftsminister und Vater des deutschen „Wirtschaftswunders“.

Am 17. August war im örtlichen Stadion ein Fest- und Chorkonzert anberaumt, zu dem das Werksorchester aufspielte und die vereinigten Rüsselsheimer Männerchöre ihre Stimmen erhoben – da ging es hoffentlich ein wenig ungezwungener zu als beim Festakt. Nach dem „Großen Zapfenstreich“ beschloss ein Brillantfeuerwerk die 100-Jahr-Feier.


Als Opel Geld druckte

Dieser Opel-Notgeldschein über hundert Millionen Mark war 1923 im Umlauf.

Außerdem schaut die Opel Post-Redaktion noch etwas weiter in die Geschichte zurück – und erinnert an das „Opel-Geld“ der Jahre 1922/23. Wie? Hat Opel etwa auch mal echte Geldscheine gedruckt? In gewisser Weise schon: In diesen Inflationsjahren durften Kommunen und Industrieunternehmen zeitweise eigenes „Notgeld“ herstellen, um ihren Lohn- und Gehaltsverpflichtungen nachzukommen. Darum gab es zeitweise eine „Opel-Mark“, aber auch einen Hundert-Millionen-Mark-Schein. Und die Prokuristen der Firma mussten alle Geldscheine persönlich unterschreiben. Das war bestimmt kein Vergnügen.


Juni 2022

Text: Eric Scherer, Fotos: Archiv